über die werke von Ruth Senn
Dr Roland Scotti zu Ruth Senn`s jüngsten Werken 2006
Die jüngsten Arbeiten der in Davos lebenden Künstlerin Ruth Senn setzen in konsequenter Art und Weise ihre Beschäftigung mit dem Phänomen Farbe fort.
In einer variablen Wand-Boden-Installation greift sie die Kompositionssche-mata ihrer früheren Werkreihen auf, zitiert dabei deren strengen Bildraster und farblogischen Aufbau, um diese aber gleichzeitig in eine aleatorische Offenheit zu überführen, welche von einem freieren, ja befreiten Umgang mit den Traditionen der Abstrakten, besonders der Farbmalerei künden.
Die neuen Gemälde Ruth Senns sind charakterisiert durch eine verhaltene Farbigkeit, welche manche der älteren Arbeiten geradezu „bunt“ erscheinen lassen. Die Künstlerin formuliert hier nicht mehr den Zusammenklang unterschiedlicher Farbwerte in einem vorgegebenen Ablauf, sie stellt nun die einfachere und um so radikalere Frage nach der Wahrnehmbarkeit von Farbe.
Die auf den ersten Blick monochrom erscheinenden Bilder entfalten in der Betrachtung eine intensive Farbaura, konstituieren einen pulsierenden Farbraum. Die horizontale Streifenfolge, mithin ein Hinweis auf die Unendlichkeit der Komposition, vielleicht auch ihrer Nicht-Beendbarkeit, kontrastiert reine Grauzonen mit Querflächen, in die behutsam durch Beimischung eine Farbe eingebracht ist.
Je nach Betrachtungswinkel und Beleuchtungseinfall treten diese Farbflächen in den Vordergrund des Bildgefüges, überstrahlen die benachbarten Flächen, setzen sich rechts und links über die Bildgrenzen in den Raum fort, definieren
diesen neu.
Die Gemälde atmen gleichsam. Diese zwar leise, aber äusserst eindrückliche Vitalität der neuen Bilder, die Umwandlung des statischen Pigments in eine bewegte und bewegende Lebendigkeit erscheint mir als bedeutende Innovation im Schaffen Ruth Senns.
Dr. Roland Scotti, Kurator Liner Museum, Appenzell